Kosmos KIOsk
AUSSTELLUNG IM NEUEN KUNSTVEREIN gIESSEN
12. jUNI BIS 21. AUGUST 2010

Mit der Ausstellung und dem Veranstaltungsprogramm KOSMOS KIOSK thematisierte der Neue Kunstverein Gießen im Jahr 2010 die Besonderheit seines urbanen Ortes. Über die Sommermonate wurde das Thema „KIOSK“ und seine vielfältigen künstlerischen, kulturhistorischen, alltagspraktischen, sozialen und stadtplanerischen Anknüpfungspunkte befragt. Eine Gruppenausstellung in Anlehnung an gängige Kiosk-Praxis – „viel auf engstem Raum“ – zeigte Malerei, Zeichnungen, Collagen, Objekte, Fotografien, Modelle, Video, Ausstellungsrelikte, Fundstücke, Editionen, Postkarten, Dokumentationen und Arbeitsskizzen von „kioskaffinen“ Künstler/innen zum Thema.
37 Positionen – darunter Einzelkünstler/innen, Künstlerpaare und Projekte – versammelten sich im kleinsten Kunstverein der Republik und beleuchten die facettenreiche Kiosk-Thematik. Gesellige und informative Kiosk-Abende, Performances sowie Führungen durch die Gießener Kiosklandschaft gestalteten den kommunikativen Rahmen von KOSMOS KIOSK und machen den Kunstverein über den Sommer zu einem festen Treffpunkt für Kunst- und Kioskinteressierte.
Zur Gießener Spezialität des Neuen Kunstvereins
Einem Guckkasten gleich ist der ehemalige Kiosk an einem der meistbefahrenen innerstädtischen Verkehrsknotenpunkte Gießens ein Kunstort, der aufs Engste mit dem öffentlichen Raum verschmolzen ist. Verbindet man sonst mit Kioskbauten eher temporäre Architektur, die sich je nach Bedarf in den Nischen des Stadtraums einnistet und auch wieder verschwindet, ist die Gießener Trinkhalle an der sogenannten „Licher Gabel“ in ihrer steinernen Solidität und dem damit verbundenen Anspruch auf Dauer ganz ihrer Entstehungszeit, den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, verpflichtet. 1937 nach Plänen von Wilhelm Gravert als „Kiosk-Toiletten- und Umspannanlage“ am Rande des Gießener Friedhofs erbaut und nach dem Krieg als typisches Wasserhäuschen genutzt, bespielt nun der Kunstverein seit 2003 diesen markanten Ort.
Seit vielen Jahrzehnten prägt der gemauerte Pavillon – freilich in wechselnder Funktion – an dieser Stelle das Stadtbild. Große, sich zweiseitig über Eck erstreckende Fensterflächen, die früher das vielfältige Angebot an Spirituosen, Süßigkeiten, Tabakwaren oder den Dingen des Vergessensbedarfs auf kleinem Raum sichtbar machten, bieten nun freien Einblick in den Ausstellungsraum. Die signifikante bauliche Situation hat zur Folge, dass der kleinste Kunstverein der Republik trotz seiner bescheidenen Bemaßung und wenig Hängeflächen zu einem vielfältig bespielbaren Ort wird. Das Verhältnis von großen Fensterflächen und intimem Raum macht den Bau zu einem, der Privates und Öffentliches gleichsam in sich zu vereinigen scheint. Das Innen lässt sich hier kaum ohne das Außen – und umgekehrt – denken. Die an seine ehemalige Funktion gebundene Bauform des kleinen Kunstraums sowie seine Verortung im städtischen Kontext legen eine Ausstellungskonzeption, die das facettenreiche Phänomen „KIOSK“ aufgreift, mehr als nahe.
Kiosk-Netzwerk, Ausstellung, Rahmenprogramm
Zur Verwirklichung dieser Ausstellung konnten wir auf ein breites Netzwerk an kiosk-interessierten Kulturschaffenden zurückgreifen, die zum Großteil im 1.KCMO 06, dem weltweit ersten Kioskclub, organisiert sind. Die Fülle und Komplexität der Ausstellung KOSMOS Kiosk hat ein gutes Abbild dieses funktionierenden Netzwerkes geboten. Folgende Künstler/innen haben einen Beitrag dazu geleistet:
Fredie Beckmans (Amsterdam), Karin Bergdoldt (Nürnberg), Hannah Bohrisch (Gießen), Simon & Tom Bloor (London u. Birmingham), Daniel Bräg (München), Michael Dörner (Halstenbek), Herr Fleischer e.V. (Halle/Saale), Oliver Gather/Anne Mommertz (Düsseldorf), Wiebke Grötsch/Frank Metzger (Offenbach), Ingke Günther (Gießen), Gabriele Horndasch (Düsseldorf), Joung-en Huh (Düsseldorf), San Keller (Zürich), Andrea Knobloch (Düsseldorf), Katrin Korfmann (Amsterdam), Karoline Leitermann (Halle/Saale), Marko Lehanka (Nürnberg), Monika Linhard (Frankfurt/M),Tine Luhn (Hamburg), Tilmann Meyer-Faje (Amsterdam), Adam Page und Eva Hertzsch (Berlin), Projekt Kioskisierung (Berlin), Katja v. Puttkamer (Ingelheim), Silke Riechert (Berlin), Inge Roseboom/Mark Weemen (Amsterdam), Judith Samen (Düsseldorf), Harri Schemm (Nürnberg), Nada Sebestyén (Berlin), Martin Starl (Frankfurt/M.), Thomas Rentmeister (Berlin), Felix Ruffert + KKKiosk (Weimar), Wolf D. Schreiber (Gießen), Ina Weber (Berlin), Julia Wenz (Stuttgart), Jörg Wagner (Gießen), Medienprojekt Wuppertal e.V.
Die vielfältige Werkschau wurde ergänzt durch Editionen und Postkarten der mitwirkenden Künstler. Das Rahmenprogramm der Ausstellung hatte zudem einen performativen Schwerpunkt, was dem äußert lebendigen und kommunikativen Phänomen „KIOSK“ geschuldet war.
(Text: Ingke Günther)